von Ing. Jiri Herman

In Zeiten wo alles hinterfragt wird, werden natürlich auch die Wasser- und Abwasserpreise von Städten und Gemeinden der Tschechischen Republik verglichen. Dabei schlägt die öffentliche Diskussion mitunter hohe Wellen und oft wird in der medialen Berichterstattung den „privaten Betreibern“ die Schuld zugewiesen.

Der erste und gewichtigste Vorwurf ist, dass der Staat das Wasser privatisiert hätte und die Kommunen dadurch die Kontrolle darüber verloren hätten. Meinungsmacher behaupten, dass die Gewinne privatisiert, die Kosten sozialisiert worden wären. Dazu würden die Kommunen wegen der privaten Betreiber sogar europäische Förderungen verlieren. Manche Politiker machen sich diese Diskussion zunutze und fordern, dass die einzige sinnvolle Lösung der Rückkauf der Netze wäre.

Die südböhmische Stadt Tábor scheint oft an der Spitze des Wasserpreis-Rankings auf. Wenn dann noch erwähnt wird, dass sich das Wasser Tabor‘s in der Hand des österreichischen Konzerns ENERGIE AG befindet, ist der Schuldige auch schon gefunden. Beleuchten wir also die Details und setzten wir uns mit den Fakten auseinander.

Die Stadt Tábor stellt mit Sezimovo Ústí und Planá nad Lužnicí einen eng verflochtenen Ballungsraum dar, dessen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung eine Einheit bildet. Dies ist auch der Grund, warum die drei Städte eine GmbH gegründet haben, die Vodárenská společnost Táborsko sro. (VST). 2003 wurde das gesamte Wasservermögen, also die Anlagen zum damaligen Wert von Euro 12 Mio. von den Städten an VST übertragen. Geschäftsführer von VST sind die drei Bürgermeister, die gegenüber ihren Stadtvertretungen haften. Daraus folgt die

1. Erkenntnis:

Es gab zu keinem Zeitpunkt eine Privatisierung der Rohrleitungen oder anderer Infrastruktur. Es gibt also nichts, was man zurückkaufen müsste oder könnte. Im Gegenteil, der Wert des Vermögens der VST ist innerhalb von 12 Jahren auf über das Vierfache angestiegen und liegt heute bei rund Euro 55 Mio. Wenn wir uns nun dafür interessieren, wer sich um den Betrieb dieses Vermögens kümmert gelangen wir zur

2. Erkenntnis:

Die VST hat für den Betrieb ihrer Infrastruktur einen privaten Betreiber gesucht und gefunden. Sie hat aber dennoch die Kontrolle über das Wasser nicht verloren. Die Entscheidung für dieses Modell war verantwortungsvoll und sorgfältig begründet. Dies folgt aus einem 600 seitigen Dokument namens „Konzessionsprojekt“. Darüber, wer dieser Betreiber sein wird, hat ein transparentes Konzessionsverfahren im Einklang mit dem Vergaberecht der EU entschieden. Am Ende stand ein Konzessionsvertrag mit einer Vielzahl von Pflichten des Betreibers, der auch sämtliche betrieblichen Risiken trägt. Der Vertrag gibt der VST die Instrumente um den Betreiber anzuleiten, zu kontrollieren und im Ernstfall zu strafen. Der exakte Mechanismus zur Preisbildung überwacht wortwörtlich jede Krone und begrenzt den Gewinn des Betreibers.

Das alles entstand unter der Aufsicht des Staatlichen Fonds Umwelt und der Europäischen Kommission. Der Grund dafür ist ein hoher europäischer Förderanteil. Daraus ergibt sich schließlich die dritte Erkenntnis: Förderungen und private Betriebsführung schließen sich nicht aus.

Aber wie sieht es nun mit den „privatisierten Gewinnen und sozialisierten Kosten“ aus? Hier muss man sich die Mühe machen und die Zahlen des Geschäftsberichts von VST analysieren. Betrachten wir das Jahr 2015:

Die Wasser- und Abwassergebühr (inkl. MwSt.) betrug 105,67 CZK pro Kubikmeter (Euro 4,22/m³). Nach dem Abzug der Mehrwertsteuer in Höhe von 13,79 CZK, die dem Staat zufließt, bleiben 91,88 Kronen (Euro 3,68/m³). Daraus ergeben sich die Gesamteinnahmen des Betreibers iHv CZK 254,2 Mio. (rd. Euro 10 Mio.). Der Gewinn wird mit CZK 5,4 Mio. (Euro 0,22 Mio.) ausgewiesen, was einer Marge von 2,2% entspricht. Etwa die Hälfte aller Kosten die der Betreiber von den Kunden einhebt stellt mit CZK 123,5 Mio. (Euro 5 Mio.) die Infrastrukturmiete dar, die der Betreiber an VST überweist. Abzüglich der eigenen Kosten von VST und der Abschreibung der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur weist die VST einen Gewinn von CZK 47,8 Mio. (Euro 1,9 Mio.) aus. Daraus folgt die vierte Erkenntnis:

Die wider besseres Wissen immer wieder aufgestellte Behauptung, dass die privaten Betreiber die kommunalen Eigentümer übervorteilen ist schlichtweg falsch. Jedenfalls dann, wenn der Wettbewerb, also der Markt „funktioniert“ und die Verträge ausgewogen und fair formuliert sind.

Der Gewinn der kommunalen VST ist fast neunmal so hoch wie jener des privaten Betreibers! Aber man kann sich natürlich fragen: warum muss das so sein - könnte man nicht den Wasserpreis reduzieren? Die Antwortet lautet: leider nein. VST benötigt nämlich diese Mittel zum Erhalt und Ausbau der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur. Damit die Menschen sowohl heute als auch künftig das Trinkwasser in gewohnter Qualität und mit der üblichen Verlässlichkeit immer dann haben, wenn sie den Wasserhahn aufdrehen. Dazu muss jemand Wasseraufbereitungsanlagen modernisieren, Rohrleitungen errichten und Kläranlagen dann erneuern, wenn sie das Ende ihrer Nutzungsdauer erreichen. Und dieser Jemand ist der kommunale Eigentümer, also VST und dazu benötigt er den Gewinn.

Auf der anderen Seite kümmert sich der Betreiber um Betrieb, Wartung und Reparaturen. Dazu benötigt er Equipment, Dispatching, GIS und vieles andere mehr, das auch angeschafft und abgeschrieben wird. Dass also auch der Betreiber Gewinn machen muss, liegt auf der Hand und sollte eigentlich in einem liberalen, westlichen Wirtschaftssystem keine Diskussion sein. Es sei denn man möchte wieder zurück zu einem System, das 1989 (nicht nur) in Tschechien grandios gescheitert ist.

Das in Tábor und Umgebung bestehende System ist klar und transparent. Wasser kostet hier genauso viel, wie es für die zuverlässige Bereitstellung und Entsorgung erforderlich ist. Die Aufgabenteilung zwischen kommunalem Anlageneigentümer und privatem Betreiber ist hoch effizient und hat sich in Tschechien vielfach bewährt. Die immer wieder vorgebrachten Slogans und medial verkürzten Darstellungen zur Wasserprivatisierung entsprechen nicht der Realität und sind meist politisch motiviert. Kein Proponent dieser (sozialistischen) Argumentation kann aber behaupten, dass es nicht einfach möglich wäre, sich über die tatsächlichen Verhältnisse auf Basis öffentlicher Daten zu informieren. Das erfordert aber, dass man sich mit dieser komplexen Materie auch wirklich beschäftigen will.

www.vstab.cz

www.cevak.cz